Die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) verpflichtet Unternehmen dazu, ihrer Verantwortung in der gesamten Lieferkette nachzukommen – und zwar in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte und bestimmter Umweltstandards. Unternehmen können bei Verstößen gegen die umgangssprachlich auch EU-Lieferkettengesetz genannten Regeln vor europäischen Gerichten zur Verantwortung gezogen werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Lieferkettenrichtlinie wird jeweils in nationales Recht umgesetzt, das bestehende deutsche LkSG angepasst.
- Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden in der EU mit mindestens 450 Mio. Euro Umsatz sind betroffen.
- In einem Risikomanagementsystem müssen Zulieferer erfasst werden, um die Wahrung von Menschenrechten und Umweltauflagen in der gesamten Lieferkette sicherstellen zu können.
Aktueller Stand der EU-Lieferkettenrichtlinie
Nach rund drei Jahren Verhandlungen haben sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Richtlinie geeinigt. Am 24. April 2024 – exakt 11 Jahre nach der Katastrophe in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch – stimmte im EU-Parlament eine Mehrheit der Abgeordneten für eine der weitreichendsten Regulierungen zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen.
Nun müssen die EU-Staaten der EU-Lieferkettenrichtlinie noch zustimmen. Dies gilt aber als gesichert, da in vorherigen Verhandlungen ein Konsens erzielt wurde.
Anschließend haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die EU-Lieferkettenrichtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Wer ist von der EU-Lieferkettenrichtlinie betroffen?
Die EU-Lieferkettenrichtlinie gilt für alle Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten, die zugleich mindestens 450 Millionen Euro Umsatz jährlich erwirtschaften.
Eine zuvor durch die Länder kontrovers diskutierte Regelung, wonach die Grenze bereits für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz gelten sollte, hat sich nicht durchgesetzt.
Achtung: In Deutschland müssen sich bereits seit Januar 2023 Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern hierzulande an die Vorgaben des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG oder auch Lieferkettengesetz) halten. Betroffen sind davon Unternehmen mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland. Das Gesetz gilt auch für deutsche Niederlassungen ausländischer Unternehmen.
Was schreibt die EU-Lieferkettenrichtlinie für Unternehmen vor?
Die EU-Lieferkettenrichtlinie begründet Sorgfaltspflichten zur Einhaltung bestehender internationaler Vereinbarungen zu Menschrechten und umweltbezogenen Vorgaben. Diese Pflichten bestehen innerhalb der Grenzen der Angemessenheit, geben Unternehmen somit einen gewissen Gestaltungsspielraum und erstrecken sich neben dem eigenen Geschäftsbereich auch auf unmittelbare und teilweise mittelbare Zulieferer.
Lieferketten-Risikomanagementsystem
Unternehmen müssen u.a. ein umfassendes Risikomanagementsystem etablieren sowie regelmäßige Risikoanalysen hinsichtlich ihrer Geschäftsfelder, Lieferanten und weiterer Zulieferer durchführen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Das Risikomanagement muss in die jeweiligen Geschäftsprozesse, wie etwa die Lieferantenauswahl, integriert werden.
Zu betrachten sind dabei alle Risiken im eigenen Geschäftsbereich und bei den unmittelbaren Zulieferern sowie auch Risiken mittelbarer Zulieferer, welche ein voraussichtlich hohes Verletzungsrisiko mit sich führen und die deshalb ebenfalls in die Risikoanalyse einbezogen werden sollten.
Risiken können sich dabei z.B. aus Produkt, Standort der Produktion, politischen oder arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen an Produktionsstandorten usw. ergeben. Unternehmen haben daher alle relevanten Informationen und Quellen zu menschenrechtlichen und/oder umweltbezogenen Risiken in Bezug auf (mittelbare) Zulieferer zu beachten, die ein potenzielles Risiko oder eine Verletzung von Rechten beinhalten.
Dokumentationspflichten und Beschwerdewege
Die Anforderungen der EU-Lieferkettenrichtlinie umfassen ferner umfangreiche Dokumentationspflichten sowie spezifische Anforderungen an das Berichtswesen, indem Unternehmen Risiken in der Lieferkette, geplante und durchgeführte Gegenmaßnahmen sowie Außenwirkungen für zukünftige Aktivitäten darzulegen hat.
Zudem sind bestimmte Beschwerde- und Meldewege einzurichten und transparent zu machen.
Wie geht es mit der EU-Lieferkettenrichtlinie weiter?
Die EU-Staaten müssen dem Gesetz nun noch offiziell zustimmen. Eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten hatte ihre Zustimmung bereits im März 2024 signalisiert. Es ist daher davon auszugehen, dass dies eine Formalität ist.
Die sich anschließende Umsetzung in nationales Recht bedeutet, dass das deutsche LkSG entsprechend überarbeitet werden muss. Bis dahin hat es aber weiterhin volle Gültigkeit.
Unternehmen sollten sich zeitnah wappnen, um den Anforderungen der EU-Lieferkettenrichtlinie nachkommen zu können. Hierfür ist rechtlicher Beistand dringend anzuraten, da bisher noch nicht klar ist, wie die Vorgaben in der Praxis bestmöglich umzusetzen sind.