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Kanalübergreifende Einwilligungen sind zulässig, erteilte Einwilligungen erlöschen nicht zwangsläufig durch Zeitablauf

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mit Art und Dauer einer Einwilligung in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken beschäftigen. Im Urteil vom 1. Februar 2018 (AZ: III ZR 196/17) schufen die Richter in beiden Fragen Klarheit.

Update, August 2023: Mittlerweile hat ein sich auf den BGH beziehendes Urteil des AG München weitere Aspekte zum zeitlichen Ablauf einer Einwilligung definiert (siehe unten).

Der Sachverhalt

Am Ende des Bestellprozesses bot ein Telefondienstleister seinen Kunden an, ein Kästchen auszuwählen, mit dem in die nachfolgende Erklärung zur Zusendung neuer Angebote über E-Mail, Telefon, SMS oder MMS eingewilligt werden sollte. Der Kläger hielt diese Vorgehensweise für unwirksam und trug den Rechtsstreit über das Landgericht und das Oberlandesgericht Köln bis vor den BGH, um eine Unterlassung der Verwendung dieser Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu erreichen.

Der BGH hält die Klausel jedoch für wirksam und stellt in seiner Urteilsbegründung gleich zwei Punkte klar:

  1. Eine Einwilligung kann für mehrere Kanäle (der Kontaktaufnahme bzw. Werbung) auf einmal eingeholt werden.
  2. Die Wirksamkeit einer Einwilligung erlischt nicht allein durch Zeitablauf.

Mehrere Kanäle – eine Einwilligung

Da in § 7 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) bei den verschiedenen Kontaktmöglichkeiten (E-Mail, Telefon, Fax, SMS) die gleichen Voraussetzungen an die Einwilligung gestellt werden, ist laut BGH die Einholung einer umfassenden Einwilligung möglich und auch ausreichend:

„Die gesetzlichen Voraussetzungen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG für die Einwilligung eines Verbrauchers in eine Werbung über die dort genannten Kanäle stimmen überein, so dass sich hieraus kein Grund für getrennte Einwilligungserklärungen ergibt. Unter Schutzzweckgesichtspunkten ist eine gesonderte Einwilligung für jeden Werbekanal ebenfalls nicht erforderlich.“

Diese Einwilligung kann wie im vorliegenden Fall auch im Rahmen von AGB durch Einsatz eines Auswahlkästchens eingeholt werden.

Die Einwilligung hat kein Verfallsdatum

Darüber hinaus verfällt eine einmal eingeholte Einwilligung nicht durch reinen Zeitablauf:

„Eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung sieht weder die Richtlinie 2002/58/EG noch § 7 UWG vor. Hieraus ergibt sich, dass diese – ebenso wie eine Einwilligung nach § 183 BGB – grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf erlischt.“

Dass eine einmal erteilte Einwilligung auch nach mehreren Jahren als Grundlage für Direktmarketing dienen kann, klingt auf den ersten Blick wenig verbraucher- und betroffenenfreundlich. Das LG Berlin hatte dies vor wenigen Jahren noch anders entschieden und ließ Einwilligungen „infolge Aktualitätsverlusts“ durch bloßen Zeitablauf erlöschen (LG Berlin, Urteil vom 6. April 2016, AZ: 15 O 515/15). Diese Sichtweise wird sich aber spätestens mit dem aktuellen BGH-Urteil nicht mehr durchsetzen können, denn auch die DSGVO sieht an keiner Stelle ein „Verfallsdatum“ für Einwilligungen vor.

Stattdessen gibt die DSGVO dem Betroffenen ein anderes Mittel zur Hand: das Widerrufrecht, auf das er vom Verantwortlichen ausdrücklich hingewiesen werden muss. Als Korrektiv enthält die DSGVO außerdem noch die Grundsätze von Treu und Glauben und Transparenz: Personenbezogene Daten müssen in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Der BGH hält in der vorliegenden Sache fest, dass hinsichtlich der Geltungsdauer der Einwilligung keine Bedenken bestünden, da diese auf die Laufzeit des Vertrages (zwei Jahre) begrenzt ist und dies für den Verbraucher einen überschaubaren Zeitraum darstelle. Indem der BGH dies ausdrücklich berücksichtigt, hält er sich offen, dies in Zukunft bei einer längeren Laufzeit auch anders zu entscheiden.

So hat in einem neueren Urteil vom 14. Februar 2023 (AZ 161 C 12736/22) das Amtsgericht (AG) München den zeitlichen Ablauf einer Einwilligung in den Newsletterversand bestätigt. Im streitgegenständlichen Fall versendete der Verantwortliche nach vier Jahren Inaktivität erneut einen Newsletter. In Anbetracht der Umstände des Einzelfalls war aus Sicht des AG München die in der Vergangenheit eingeholte Einwilligung aufgrund des Zeitablaufs unwirksam geworden. Dabei bezogen Sie sich auch auf das hier diskutierte BGH-Urteil. Im Gegensatz zum vom BGH entschiedenen Fall, war die Einwilligung nicht schon im Vorhinein auf zwei Jahre Gültigkeit begrenzt. Von „fortbestehenden Interessen“ des Einwilligenden kann nicht immer ausgegangen werden, auch wenn eine Einwilligung grundsätzlich für unbestimmte Zeit erteilt wird, so die Münchner Richter.

Aktuelle Urteile zur DSGVO

In unseren regelmäßigen Besprechungen von Urteilen zum Datenschutzrecht erklären wir Ihnen die Konsequenzen für den Unternehmensalltag.

Datenschutzrechtliche Einschätzung

Der BGH traut dem Verbraucher als betroffene Person einen verständigen Umgang mit seiner Einwilligungserklärung zu. Er kann eine Einwilligung für mehrere Kontaktkanäle erteilen, die zunächst zeitlich unbegrenzt wirksam bleibt. Das erleichtert den Unternehmen als Verantwortlichen die Arbeit, ohne dem betroffenen Kunden die Kontrolle über seine Einwilligung zu nehmen.

Durch die Entscheidung hat der Verantwortliche jetzt nicht mehr die Rechtsunsicherheit, dass er trotz einer Einwilligung nach einer gewissen Zeit nicht mehr genau wissen kann, ob diese denn noch gültig ist. Das ist nur konsequent, denn die DSGVO legt die Kontrolle über die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung in die Hände des Betroffenen: Mit der Erteilung der Einwilligung beginnt der rechtmäßige Zustand, mit der Erklärung des Widerrufs endet er.

Man muss sich als Verarbeiter daher nicht fragen, nach wie vielen Monaten oder Jahren genau eine wirksam erteilte Einwilligung erlischt. Man sollte sich als Überprüfung der Fortgeltung der Einwilligung aber folgende Fragen stellen: Ist sich der Betroffene immer noch über die Verarbeitung der Daten und im Klaren (Treu und Glauben, Transparenz) und würde er diese Einwilligung auch heute noch erteilen (Widerrufsrecht)?

Die Artikel-29 Datenschutzgruppe empfiehlt als Best Practice, eine erteilte Einwilligung „nach einer Weile“ von Untätigkeit (also keine Bewerbung) nochmals zu überprüfen, indem man die betroffene Person über ihre Einwilligung informiert. In konkreten Einzelfällen, insbesondere nach langen werbefreien Zeiträumen von über vier Jahren, wird sich der Beworbene mit guten Erfolgsaussichten gegen eine Werbemaßnahme wehren können.

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