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Kunsturhebergesetz bleibt auch unter der DSGVO anwendbar

Das Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) und die Grundsätze der Rechtsprechung dazu bleiben auch unter der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) weiter anwendbar. Das hat unter anderem der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 7. Juli 2020 bestätigt (Az.: VI ZR 246/19).

KunstUrhG und DSGVO

Gem. § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. § 23 KUG sieht Ausnahmen vor, nach denen ohne die Einwilligung der betroffenen Personen beispielsweise „Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ und „Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen“ veröffentlicht werden dürfen.

Beim Inkrafttreten der DSGVO, die grundsätzlich unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten gilt und nationalen Gesetzen vorrangig ist, erwuchs Unsicherheit, ob man sich bei der Veröffentlichung von Bildern zu journalistischen Zwecken weiter auf das KunstUrhG als ein nationales Gesetz stützen kann. Denn Abbildungen von Personen sind als personenbezogene Daten zu werten, wodurch der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet würde – und diverse Betroffenenrechte gälten. Dies warf die Frage auf, ob das nationale KunstUrhG weiterhin Anwendung findet oder durch die europäische DSGVO verdrängt wird.

Diese Problematik löst die DSGVO durch sogenannte Öffnungsklauseln, welche es den Gesetzgebern der Mitgliedsstaaten ermöglichen, spezifischere Regelungen auf nationaler Ebene zu schaffen.

Eine solche Öffnungsklausel findet sich auch in Art. 85 DSGVO wieder. Dieser beinhaltet keine materiell-rechtlichen Vorgaben, sondern ermächtigt die Mitgliedstaaten, eigene Regelungen zu finden, den Datenschutz mit der Meinungs- und Informationsfreiheit in Einklang zu bringen. Eine der offenen Fragen bestand darin, ob dies neu eingeführte Regelungen sein müssen oder auch bereits bestehende Regelungen weiter angewendet werden können.

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Urteile zum KunstUrhG

Mit seinem Urteil vom 7. Juli 2020 stellte der BGH fest, dass die §§ 22, 23 KUG aufgrund der Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO anwendbar sind, und folgte damit der vorinstanzlichen Entscheidung des OLG Köln.

Das OLG Köln und der BGH interpretierten Art. 85 DSGVO so, dass nicht nur neue, sondern auch bestehende Regelungen diese Öffnungsklausel füllen können.

Darüber hinaus betonte das OLG Köln, dass im Rahmen der Abwägung innerhalb des KunstUrhG die unionsrechtlichen Grundrechtspositionen zu berücksichtigen sind. Damit verwies es auf die Grundrechtecharta, die in Art. 8 den Schutz personenbezogener Daten und in Art. 11 die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit garantiert. Diese Grundrechte seien laut dem OLG bei der Auslegung der Ausnahmeregelung des § 23 KUG zu berücksichtigen.

Wer mit den Entscheidungen des EuGH in Bezug auf Fortgeltung nationalen Rechts vertraut ist, der erkennt hier, wie geschickt der BGH und das OLG Köln die Weitergeltung des KunstUrhG begründen: Der EuGH zieht eine „unionsrechtsfreundliche Auslegung“ nationaler Gesetze immer dem Widerspruch und der damit verbundenen Unanwendbarkeit nationaler Gesetze vor. Dadurch, dass sich das KunstUrhG laut der deutschen Gerichte als nationales Gesetz in der Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO einfügt und zusätzlich dazu nun mit Hinblick auf europäische Grundrechte ausgelegt werden muss, sind den europäischen Gerichten die Angriffspunkte genommen.

Die DSGVO verdrängt damit das KunstUrhG nicht, sondern bezieht das KunstUrhG in das Regelungsgeflecht mit ein. Für journalistische Fotografien gelten damit weiterhin die bekannten Regeln des KunstUrhG.

Fazit

Das KunstUrhG bleibt auch unter der DSGVO ein zentraler Maßstab für die Veröffentlichung journalistischer Aufnahmen. Die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO erlaubt es, nationale Regelungen wie §§ 22 und 23 KUG weiterhin anzuwenden, allerdings unter Berücksichtigung der europäischen Grundrechte.

Entscheidungen deutscher Gerichte wie des BGH und OLG Köln bestätigen diese unionsrechtsfreundliche Auslegung und sichern so den Ausgleich zwischen Datenschutz und Pressefreiheit.

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