Endet ein Arbeitsverhältnis, kann dies sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite zu Unzufriedenheiten führen. Setzt sich nun der ehemalige Arbeitgeber mit dem neuen Arbeitgeber in Verbindung, um ihn über (angebliche) Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zu unterrichten, kann dies zu einem Unterlassungsanspruch des Arbeitnehmers führen. Dies bestätigte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 5. Juli 2022, Az.: 6 Sa 54/22).
Hintergrund der Entscheidung
Eine ehemalige Arbeitnehmerin hatte auf Unterlassung von Äußerungen ihres früheren Arbeitgebers gegenüber ihrem neuen Arbeitgeber geklagt. Die Arbeitnehmerin hatte das Arbeitsverhältnis zum beklagten Arbeitgeber ordentlich und fristgemäß gekündigt. Wenige Tage nach der Eigenkündigung der Arbeitnehmerin erklärte der Arbeitgeber die Anfechtung des Arbeitsvertrages aufgrund einer (angeblichen) Täuschung der Arbeitnehmerin in ihrem Lebenslauf sowie die außerordentliche Kündigung wegen diverser (angeblicher) Pflichtverletzungen.
Gleich am ersten Arbeitstag der Arbeitnehmerin bei einem neuen Arbeitgeber wandte sich der ehemalige Arbeitgeber an den neuen Arbeitgeber, um ihn über die (angeblich) begangenen Pflichtverletzungen zu informieren. Das LAG Rheinland-Pfalz sprach der Arbeitnehmerin einen Unterlassungsanspruch gegen dieses Verhalten zu.
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Das Urteil
Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber auch gegen den Wilen des Arbeitnehmers Auskünfte über dessen Leistung und Verhalten während des Arbeitsverhältnisses geben, um andere Arbeitgeber bei der Wahrung ihrer Belange zu unterstützen. Voraussetzung ist jedoch eine umfassende Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall, um zu klären, ob dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitgebers gleichwertige und schutzwürdige Interessen anderer gegenüberstehen. Das Interesse des Arbeitgebers, den anderen Arbeitgeber zu unterstützen, muss dabei das grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes) des Arbeitnehmers überwiegen.
Ein solches überwiegendes Interesse des Arbeitgebers konnte das LAG Rheinland-Pfalz bei den genannten Pflichtverletzungen nicht feststellen, womit eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt, was wiederum einen Unterlassungsanspruch begründet. Insbesondere hatte der beklagte ehemalige Arbeitgeber angegeben, die Pflichtverletzungen nur zum Schutze des neuen Arbeitgebers offengelegt zu haben. Nach Auffassung des Gerichts spricht der zeitliche Zusammenhang zwischen der Eigenkündigung der Arbeitnehmerin und der kurz darauf erklärten Anfechtung und außerordentlichen fristlosen Kündigung aber dafür, dass die Äußerungen gegenüber dem neuen Arbeitgeber zur Bestrafung der kündigenden Arbeitnehmerin getätigt wurden. Dies stellt kein das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers überwiegendes Interesse dar.
Datenschutzrechtliche Einschätzung
Auch wenn sich das Gericht in seinem Urteil nicht mit den datenschutzrechtlichen Aspekten der Datenweitergabe beschäftigte, müssen Unternehmen dafür sorgen, dass diese durch eine gültige Rechtsgrundlage abgedeckt wird. Ob Auskünfte ohne Einwilligung des Arbeitnehmers aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig sind, wird nach heutiger Rechtslage anhand von Art. 6 Abs. 1 lit. f der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beurteilt.
Eine zulässige Datenverarbeitung liegt vor, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht Grundrechte der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers, einen anderen Arbeitnehmer bei der Wahrung seiner Belange zu unterstützen, ist also mit dem Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seiner personenbezogenen Daten, insbesondere dem grundgesetzlich geschützten Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, abzuwägen.
Das überwiegende Interesse des Arbeitnehmers kann sich insbesondere bei nur leichten Pflichtverletzungen, fehlenden Beweisen für die Pflichtverletzung, fehlender Wiederholungsgefahr, fehlender Abmahnung, langer Betriebszugehörigkeit ohne Beanstandungen, etc. ergeben. In diesen Fällen handelt es sich nicht um eine gravierende Gefährdung des neuen Arbeitgebers, vor welcher der alte Arbeitgeber den neuen schützen müsste. Die Weitergabe würde jedoch unverhältnismäßig stark in die Rechte des Arbeitnehmers eingreifen und ggf. jede neue Anstellung gefährden.
Erteilt der ehemalige Arbeitgeber Auskunft über den Arbeitnehmer, so bestehen diesem gegenüber umfangreiche Auskunfts- und Informationspflichten nach den Artikeln 12 ff. DSGVO, deren Missachtung einen Schadensersatzanspruch begründen kann. Auskunft und Information haben präzise, transparent, verständlich, in leicht zugänglicher Form und unentgeltlich zu erfolgen. Insbesondere muss der Arbeitgeber die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung und sein berechtigtes Interesse schildern und über das Bestehen von Betroffenenrechten aufklären.
Fazit
Machen ehemalige Arbeitgeber Angaben über Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers gegenüber einem neuen Arbeitgeber, ist sicherzustellen, dass eine Berechtigung dazu besteht. Es dürfen nur Angaben zu Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses gemacht werden.
Darüber hinaus muss ein das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers überwiegendes Interesse bestehen. Ob ein solches im Einzelfall vorliegt, richtet sich nach einer komplexen Abwägung der Interessen und sollte deshalb nur mit äußerster Vorsicht angenommen werden.
Besteht kein überwiegendes Interesse des ehemaligen Arbeitgebers und informiert dieser dennoch über (angebliche) Pflichtverletzungen, steht dem Arbeitnehmer ein Unterlassungsanspruch zu.