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Dürfen Wettbewerber wegen DSGVO-Verstößen abmahnen?

Wenn Konkurrenten mit unlauteren Mitteln Wettbewerbsvorteile erlangen, können Unternehmen diese für gewöhnlich abmahnen und auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinwirken. Doch gilt das auch für Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat dies nun höchstrichterlich bestätigt (Urteil vom 4. Oktober 2024, Az.: C-21/23).

Der Fall

Vorangegangen war ein Gerichtsverfahren, bei dem eine Apotheke einen Wettbewerber wegen eines vermeintlichen DSGVO-Verstoßes abmahnen und eine Unterlassungserklärung erwirken wollte.

Der deutsche Bundesgerichtshof legt daraufhin dem EuGH die Frage vor, ob die DSGVO eine nationale Regelung erlaubt, die es Unternehmen ermöglicht, gegen Wettbewerber vorzugehen, die ihrer Meinung nach gegen die Verordnung verstoßen haben – oder ob die DSGVO in dieser Beziehung eine Sperrwirkung entfaltet.

Das Urteil

Das EuGH-Urteil hat teilweise für helle Aufregung gesorgt. Einige Datenschutzberater beschwören seither schier das Ende der Welt und kündigen Unternehmen die unmittelbar drohende Existenzvernichtung an.

Allerhöchste Zeit, das Urteil einmal ganz nüchtern zu betrachten.

Entscheidend ist die in Rn. 73 gegebene Antwort auf die erste Vorlagefrage: Die Datenschutz-Grundverordnung, speziell Kapitel VIII, steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es Mitbewerbern eines mutmaßlichen Verletzers erlaubt, letzteren abzumahnen.

Aktuelle Urteile zur DSGVO

In unseren regelmäßigen Besprechungen von Urteilen zum Datenschutzrecht erklären wir Ihnen die Konsequenzen für den Unternehmensalltag.

Rechtliche Einschätzung

Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht

Wer von dieser Entscheidung nun wirklich überrascht ist, hat die bisherige Diskussion entweder nicht verfolgt oder aber aus vermutlich strategischen Gründen und zum Wohle der eigenen Mandantschaft mit der anderen Meinung geführt.

Das Datenschutzrecht und das Wettbewerbsrecht haben zwei verschiedene Ansätze. Ersteres schützt die Rechte betroffener Personen, letzteres den Markt und ausdrücklich auch Marktteilnehmer untereinander vor unlauteren Wettbewerbsmaßnahmen.

Warum sich also ein Anbieter nicht gegen einen Mitbewerber wehren können soll, der sich unter Verstoß gegen geltendes Recht einen irgendwie gearteten Vorteil im Wettbewerb verschafft, lässt sich nur recht fadenscheinig begründen. Ob es im Ergebnis darum geht, dass der verstoßende Mitbewerber sich Aufwände spart oder in unzulässiger Art und Weise Kunden angelt und manipuliert, ist dabei weniger relevant.

Es kommt auch nicht darauf an, ob überhaupt die Datenschutzrechte eines Betroffenen verletzt wurden. Allein entscheidend ist, dass durch das unlautere Verhalten der faire Wettbewerb gestört wird.

Wenn man sich die lange Geschichte des Wettbewerbsrechts ansieht, gibt es da ja diverse Dinge, die einem Unternehmer eine Abmahnung einhandeln können. Die meisten haben mit dem Datenschutz überhaupt nichts zu tun.

Zusammenfassend ist es also überhaupt keine Neuigkeit, dass es ein Bumerang werden kann, sich im Wettbewerb nicht an Spielregeln zu halten und dadurch einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen. Seltsam wäre es eher gewesen, wenn es nun plötzlich einen Rechtsbereich gäbe, in dem unlauteres Verhalten durch Mitbewerber einfach hinzunehmen wäre.

Die ach so große Überraschung ist also gar keine.

Konsequenzen für Unternehmen

Was die von diversen Beratern nun geschilderten Untergangsszenarien angeht, entpuppen sich diese bei genauerem Hinsehen als dumpfe Marktschreierei.

Zunächst: Eine Abmahnung ist nicht existenzbedrohend.

Sofern die Abmahnung berechtigt erfolgt, ist deren Folge zuerst einmal nur, dass man versichern muss, sich künftig korrekt zu verhalten und den Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht abzustellen. Man muss also nichts anderes tun, als man sowieso hätte tun müssen.

Sofern man die Kosten des gegnerischen Anwalts übernehmen muss, ist das zwar sicher ärgerlich, aber solch ein Lehrgeld ist sicher nicht annähernd existenzgefährdend.

Teuer wird es nur, wenn man den Verstoß dann trotzdem weiterhin oder erneut begeht. Dann wird nämlich die typischerweise im Zusammenhang mit der abgegebenen Unterlassungserklärung vereinbarte Strafzahlung fällig und die kann tatsächlich empfindlich ausfallen. Die Strafbewehrung soll ja schließlich sicherstellen, dass der Unterlassungspflicht auch nachgekommen wird. Dementsprechend hoch sind die Beträge, um tatsächlich abschreckend zu sein.

Eine Abmahnwelle droht eher nicht

Zudem ist auch die Sorge vor der nächsten Abmahnwelle (man erinnere sich an Google Fonts) unbegründet. Dafür sorgt der mittlerweile auch nicht mehr so ganz neue § 8c UWG, dessen Abs. 2 gleich in Nummer 1 der Abmahnindustrie einen Riegel vorschiebt:

„Eine missbräuchliche Geltendmachung ist im Zweifel anzunehmen, wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen […]“

Natürlich ist es unangenehm, eine Abmahnung zu erhalten und sich gegebenenfalls dagegen wehren zu müssen. Das kostet Zeit und Geld.

Der bessere Weg wäre, hier gleich nachweislich (!) compliant zu sein und insbesondere das Datenschutzrecht zu beachten.

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